Bei den Russen in Potsdam

Den ersten Ausflug des Bürgervereins im neuen Jahr unternahm ein gut gelauntes Quartett am Dreikönigstag nach Potsdam ins Museum Barberini zum Besuch der Ausstellung  "Impressionismus in Russland. Aufbruch zur Avantgarde".

Das Haus beherbergt ohnehin die umfangreiche Sammlung impressionistischer Gemälde des Stadt-Mäzens Hasso Plattner. Diese Epoche wird jedoch vor allem mit Frankreich gegen Ende des 19. Jahrhunderts verbunden, während im russischen Zarenreich zu der Zeit überwiegend realistisch, auch sozialkritisch gemalt wurde. Da allerdings zwischen Russland und Frankreich traditionell kulturelle Beziehungen bestanden, hatte Paris als westliche Metropole eine besondere Anziehungskraft auch für die Maler aus dem Osten. Sie besuchten und erlebten die Stadt und setzten sich mit den neuen künstlerischen Auffassungen auseinander: Malen im Freien statt im Studio, neue Techniken zur Darstellung von Licht und Schatten, Lösung vom Gegenständlichen, stattdessen Experimente mit Farbauftrag und Hinwendung zum Abstrakten.

Das alles spiegelt sich anschaulich und beeindruckend in den Bildern  dieser Ausstellung, wobei zugleich deutlich wird, dass die russischen Maler ihre eigene Motivauswahl trafen, geprägt  von den Traditionen des Landes: Bäuerinnen, Portraits mit erkennbarem Seelenleben, Herrenhäuser, Birkenwälder, Winterlandschaften,  heimatverbundene Stillleben.

Angenehm für den Besucher: Die rund achtzig Gemälde fordern beim Rundgang nicht  Aufmerksamkeit bis an die Belastungsgrenze,  sondert lassen einem genügend Zeit, immer noch mal einen Raum zurück zu gehen,  Details zu betrachten und sich im leisen Gespräch darüber auszutauschen, was einem so alles auffällt. Für mich [hg] war das zum Beispiel ein Bild, das Valentin Serow 1904 gemalt hat. Er zeigt Zar Peter den Große am Fenster stehend, im weißen Hemd, ohne Pomp und Herrschaftszeichen: ein typisch impressionistischer Eindruck - nur dass der Potentat aus dem Hause Romanow und erste russische Kaiser bereits 1725 gestorben war. Wie hätte der so Portraitierte wohl darauf reagiert, sich im Stil eines zweihundertjährigen künstlerischen Vorgriffs dargestellt zu sehen - eher erzürnt oder vielleicht beeindruckt?

Nach anderthalb Stunden lohnt ein abschließender Besuch im "Café & Restaurant Barberini". Die der Ausstellung angepasste Speisekarte bietet Birkenwasser, Honigtee mit Gewürzen, Borschtsch, Sibirische Manty (Teigtaschen). Die  Geschmacks-Impressionen entsprachen dem Museums-Besuch: insgesamt also ein Genuss für Leib und Seele!