Besuch im Dokumentationszentrum am Anhalter Bahnhof (5. April 2023)
Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen Ursachen für Flucht und Vertreibung und deren Bedeutung für die Betroffenen im Europa des 20. Jahrhunderts.
Die deutsche Großmannssucht vor und zu Beginn des Zweiten Weltkrieges führte in Mittel-, Ost- und Südosteuropa zu einem beispiellosen und grausamen Vernichtungskrieg , der nach 1945 Grenzveränderungen und massenhafte Bevölkerungsverschiebungen nach sich zog. Millionen deutsche, polnische, ukrainische, ungarische und slowakische Bürger verloren ihre Heimat und viele von ihnen verloren auch ihr Leben. In Deutschland mussten 12,5 Millionen Flüchtlinge und Vertriebene integriert werden. Wer von uns bis etwa 1950 geboren wurde, erinnert sich noch.
In der Ausstellung kann jeder Besucher visuell und akustisch anhand von Objekten, Skizzen, Fotos und Videos die Situation der Geflüchteten und Vertriebenen nachvollziehen. Man folgt einem auf dem Fußboden vorgezeichneten Pfad und entscheidet selbst, wann man mehr erfahren möchte – seien es persönliche Schicksale oder historische Fakten. Obwohl sich die meisten Fakten auf eine Zeit vor über 60 Jahren beziehen, spielt das für das Nachempfinden keine Rolle. Auch der Bezug zum Heute ist da: Ob nun im Nahen Osten, in der Ukraine oder im ehemaligen Jugoslawien – Ursachen und Auswirkungen ähneln sich.
Die in einer hohen Säule aufeinander gestapelten Bücher und Akten zu rechtlichen Vorgaben verweisen auf eine Konsequenz aus dem 2. Weltkrieg: Flüchtlinge sind durch das internationale Recht ausdrücklich geschützt.
Und ganz am Ende der Ausstellung kann jeder Besucher durch die Gestaltung des Raumes der Stille den Verlust von Geborgenheit und die damit verbundene Zukunftsangst nachempfinden.
Fotos: ISG