Besuch der Ausstellung
„Johann Gottfried Schadow: Berührende Formen“
„Wieso hast du gewusst, dass diese schöne Figur in dem großen Stein geschlafen hat?“
Diese Kinderfrage an Michelangelo fiel Susi ein, als wir am 27. Januar im 3. Stock der Alten Nationalgalerie vor dem marmornen Doppelstandbild der Prinzessinnen Luise und Friederike standen. Gleich zweimal präsentiert das Museum in einem verspiegelten Saal dieses Meisterwerk Schadows: das umfangreich restaurierte Original-Gipsmodell von 1795, das in diesem Jahr überhaupt zum ersten Mal der Öffentlichkeit gezeigt wird, und das Marmorstandbild von 1797 aus dem Vestibül der Nationalgalerie.
Immer wieder verführten uns die jungen Frauen dazu, sie von allen Seiten zu betrachten – ganz im Sinne Schadows, der seine Skulpturen immer „frei“ stehen sehen wollte. Wir stellten Vergleiche an und mokierten uns über die Gründe, die Luises Mann, König Friedrich Wilhelm III., bewogen hatten, die freizügige Anmut den Blicken der Öffentlichkeit zu entziehen. Erst 90 Jahre später, Jahrzehnte nach dem Tod von Schadow und Wilhelm Friedrich III., wurde das Marmor-Standbild in der Berliner Kunstakademie öffentlich präsentiert und stante pede in allen Größen in Gips, Alabaster, Marmor und Porzellan reproduziert.
Die aktuelle Präsentation der Prinzessinnengruppe in der Sonderausstellung „Berührende Formen“ wird in dem um den Raum herumführenden Ausstellungsbereich mit zahlreichen plastischen Bildwerken, mit Gemälden, Skizzen und Grafiken sowie kunsthistorischen Schriften ergänzt. Als Besucher erhält man Einblicke in die Arbeitsweise Schadows und auch in seine Kommunikation mit Freunden und Schülern. Johann Gottfried Schadow (1764-1850), Begründer der Berliner Bildhauerschule, wurde gerade mit diesem Frauenstandbild zum Inbegriff des deutschen Klassizismus.
Die Ausstellung wird bis zum 19. Februar gezeigt. Und was passiert danach mit den Doppelstandbildern? Die marmornen Prinzessinnen werden die Besucher wie eh und je wieder im Vestibül der Nationalgalerie begrüßen und die wunderschön weißen Damen in Gips beim Betreten der Friedrichswerderschen Kirche.
Bleibt die Frage: Wo findet die farbige Popvariante ihr Domizil ??