Mit „Ulli“ als umsichtig-freundlichem Fahrer des Reisebus-Unternehmens Bertsch starteten wir vom NETTO-Parkplatz in der Bieselheide den Tagesausflug. An der Schönfließer Dorfstraße stiegen auch Senioren aus der Siedlung „Am Feldweg“ zu.
Schon während der Hinfahrt machte uns Susi mit der Gründungsgeschichte des Klosters vertraut: Von Citeaux in Burgund aus verbreiteten sich seit dem 12. Jahrhundert Zisterzienser-Mönche im gesamten abendländischen Raum, in den Worten Fontanes „mit dem Kreuz in der Linken, mit Axt und Spaten in der Rechten, lehrend und Acker bauend, bildend und heiligend.“ Das war ganz im Sinne des askanischen Herrscherhauses in der Mark Brandenburg unter Albrecht I., auch „der Bär“ genannt, und seinen Nachfolgern; denn durch die landwirtschaftlichen Erfolge der Mönche wurden Sümpfe und Wälder für die Kolonisation hervorragend vorbereitet. Um 1268 wurde das Kloster Neuzelle vom Markgrafen der Lausitz, Heinrich III., dem Orden gestiftet.
Auf das Erlebnis einer Brauereibesichtigung mit Bierverkostung verzichteten wir an diesem Tag und betraten das Klostergelände. Herr Jantke, der uns mit historischem Wissen kompetent durch die Anlage führte, stellte uns die Stiftskirche St. Marien als „umgebaute gotische Kirche“ vor. Die beeindruckende Fassade mit Schnörkeln auf weißem oder gelbem Putz und erst recht das Innere der Kirche lassen den Besucher allerdings das hohe Mittelalter vergessen und eher die Kunst-Epoche der frühen Neuzeit erkennen: Eine überquellende Anzahl von marmornen Heiligen, Putten und Marienfiguren oder vergoldeter Stuck an elf Vor-Altären und am prachtvollen Hochaltar sowie der große Freskenzyklus an der Decke der Kirche lassen jeden Nord-, West- und Ostdeutschen den Atem anhalten – man fühlt sich ins tiefste barocke Bayern versetzt.
Zur Sext, dem fünften der täglich acht Gebete, konnten wir für zehn Minuten dem Gesang der sieben Mönche lauschen, die der Congregation in Neuzelle angehören. (Der höheren Arbeitseffektivität geschuldet, werden mittlerweile mehrere Gebete zusammengelegt.)
Im Herzstück des mittelalterlichen Klosters, dem spätgotischen Kreuzgang mit beeindruckendem Kreuzgewölbe, wurden in den letzten Jahren auch mittelalterliche Ausmalungen freigelegt.
Auf zwei Bühnen im so genannten Himmlischen Theater des Barock-Ensembles betrachteten wir 150 Jahre alte, etwa 6 Meter hohe bemalte Holzskulpturen zur Passionsgeschichte. Dass der Holzwurm die Träger der einzelnen Szenen noch nicht zerstören konnte, ist einer effektiven Holzschutzmittel-Anwendung zu Zeiten der DDR zu verdanken. Heute versucht man die Fresssucht des Wurmes durch ein angepasstes Raumklima einzudämmen.
Was wäre ein Kloster ohne Garten? Passend zum Gesamtensemble ist eine Anlage mit geometrischen Wegen, abfallenden Terrassen, Blumen-, Kräutergarten und Orangerie angelegt – eine Augenweide!
Während wir den Vormittag als Gruppe vor allem kontemplativ, aber mit großer Aufmerksamkeit verbracht hatten, konnten wir uns sowohl beim Mittagessen im Restaurant des Landhaushotels „Prinz Albrecht“ als auch beim Kaffee zwei Stunden später im Schlaubetaler Forsthaus „Siehdichum“ in wechselnden Gruppen und Grüppchen über alles austauschen, was den gemeinsam Reisenden fernab vom Schönfließer Alltag Unterhaltungsstoff gab.
Ob auf der Rückfahrt Susis Vortrag über sagenhafte Anekdoten vom Teufelsstein, von der Schlangenkönigin oder dem Teufelsloch den einen oder die andere bei Gelegenheit ins Schlaubetal zurück locken wird, bleibt abzuwarten.
Herzlichen Dank an das Vorbereitungs-Trio Falk, Susi und Uta für die perfekte Planung und Organisation!
PS
Neuzelle überrascht nicht nur durch das beeindruckende barocke Bau-Ensemble, sondern auch durch die Schülerinnen und Schüler, auf die man dort immer mal wieder trifft. Ein Gebäudetrakt wird von einer freien Schule mit umfangreichem Fremdsprachenangebot genutzt. Im Innenhof der ehemaligen Klausur waren Klavierklänge zu hören, und eine Schülerin winkte mir aus einer ehemaligen Mönchzelle fröhlich-unbekümmert zu. (Das Foto bleibt natürlich privat.)
Text: isg
Fotos: gth, bo, isg, rw
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