Hugenottenmuseum Berlin

Im "Dôme" unter dem Glockenspiel startet der Rundgang durch die französisch-reformierte Geschichte

             

Verfolgung und Toleranz, Fremdenfeindlichkeit oder Willkommenskultur

Wie die französischen Protestanten nach Berlin kamen und blieben

 

„Der Gendarmenmarkt – einer der schönsten Plätze Berlins mit dem Konzerthaus zwischen Deutschem und Französischem Dom“! Diese in vielen Reiseführern nachzulesende schwärmerische Beschreibung können Berlin-Besucher derzeit nicht nachempfinden; denn von den Treppenstufen vor dem Eingang zum Glockenturm des Französischen Doms blickt man auf ausgehobene Gruben, Bagger, aufgeschüttete Aushub-Berge, gestapelte Baumaterialien und auf Kräne. Das gesamte Areal ist von einer wenig attraktiven Sichtschutzwand umgeben. Der Platz wird seit Oktober 2022 zwei Jahre lang saniert, um ihn mit unterirdischer Infrastruktur und neuem Regenwasser-Management für die Zukunft fit zu machen – denkmalgerecht, und dann barrierefrei nutzbar. Die zehn Ausflüglerinnen und Ausflügler des Bürgervereins werden also möglicherweise in ein paar Jahren überwältigt auf das vielgepriesene kulturelle Ensemble blicken und sich mit Schaudern an den Anblick vom Februar 2024 erinnern!

 

Im „Dom“ empfing uns Dr. Bernd Krebs vom Hugenottenmuseum, das in diesem Gebäude mit einer Dauerausstellung zur Geschichte der französischen Protestanten in Berlin untergebracht ist. Wer angenommen hatte, der Französische „Dom“ sei eine Kirche, wurde gleich nach dem Eintritt korrigiert; denn hier handelt es sich vielmehr um ein Turmgebäude mit stündlich geläutetem Glockenspiel in der Kuppel - auf Französisch: „dôme“. Errichtet wurde der Turm unter dem preußischen König Friederich II., besser bekannt als der Alte Fritz, in den Jahren 1780 bis 1785 auf dem Friedhof der Hugenottengemeinde neben der Französischen Friedrichstadtkirche. Den Franzosen wurde als Entschädigung ein unentgeltliches Nutzungsrecht “für alle Zeiten“ für den heute der Stadt Berlin gehörenden Turm zugestanden.

 

Bei der sachkundigen und anschaulichen Führung stellte Wolfgang schon nach den ersten beiden Räumen der Ausstellung anerkennend fest: „Der Mann steht aber im Stoff!“ Dies durch inhaltliche Wiedergabe des Rundgangs zu bestätigen wäre ein zum Scheitern verurteiltes Unterfangen. Daher nur ein paar Hinweise, wie die Hugenotten nach Berlin gekommen sind und was die reformierte Richtung des Protestantismus charakterisiert:

 

1.

Ausgehend von der Reformation in Deutschland (Martin Luther) breitete sich die Ablösung von der katholischen Kirche auch in den Nachbarländern aus. Neben den Lutheranern waren das besonders die so genannten Reformierten (Ulrich Zwingli, Johannes Calvin). Während Luther die Kirche eher im Bündnis mit den sie unterstützenden Landesfürsten organisieren und hierarchisch unter die Leitung von Bischöfen stellen wollte, legten die Reformierten vor allem Wert auf das gleichberechtigt organisierte Gemeindeleben, das selbstverantwortliche Handeln jedes Christen und die Einhaltung des Gebotes, sich kein Bild von Gott zu machen, der als Schöpfer der Welt für den menschlichen Geist nicht fassbar ist.

 

2.

In Paris führte die religiöse Intoleranz in der Bartholomäusnacht 1572 anlässlich der Hochzeit des Protestanten Heinrich von Navarra – des späteren Königs Heinrich IV. - mit der katholischen Margarete von Valois zu einem Gemetzel, bei dem 4.000 Protestanten umgebracht wurden. 

 

3.

Die Auseinandersetzungen dauerten mehr als hundert Jahre an und hatten zur Folge, dass 200.000 Hugenotten das Land verließen und insbesondere in die Niederlande und die Schweiz, nach England und Preußen flohen. Die Einwandererländer profitierten von den Fähigkeiten der Fremden, daher waren 6.000 u. a. als tüchtige Handwerker auch in Berlin willkommen, siedelten sich in selbstverwalteten Kolonien an und erhielten staatliche Unterstützung („Privilegien“) , damit sie blieben. Ausstellungsstücke zeugen von ihrer Tätigkeit in der Herstellung von Seide, im Kunsthandwerk, als Betreiber eines Sänftentaxis, im Tabakanbau oder als Weißbierbrauer. Eine der bekanntesten Bildungsstätten in Berlin ist bis heute das Französische Gymnasium.

 

1701 bis 1705 bauten sie ihre schlichte Kirche in der Friedrichstadt – eben auf dem heutigen Gendarmenmarkt, der nach Abschluss der Bauarbeiten wieder als einer der schönsten Plätze Berlins viele Besucher beeindrucken wird.

 

Im Parterre des Turms befindet sich übrigens das französisch inspirierte Restaurant „Hugo & Notte“. Dort hatte Susi unsere Gruppe zum Mittagstisch angemeldet – der uns in dem „schlicht-stylischen“ Ambiente schon dieses Mal sehr gefallen hat 

 

Text: hg, Fotos: isg, gth, wr

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